Dienstag, 29. Dezember 2009

Ein Tag im Kanga House

Als ich heute morgen verschwitzt unter meinem Schlafsack aufwachte, aus dem Fenster schaute und den Aussichtsturm vor ein paar wenigen Wolken sah, wusste ich: das wird wieder ein ganz normaler Tag.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir: schon 9:00, jetzt aber schnell anziehen und ab in die Kueche, die praktischerweise fast gegeneueber liegt, um noch Fruehstueck vom Hostel zu bekommen. Das wird zwar soweit ich weiss um 8:00 hingestellt, wenn es aber aus einer Schachtel Cornflakes, einer 3l Flasche Milch, 2 Packungen Toast und Marmelade besteht und das ganze Hostel davon satt werden muss, muss man sich eben etwas beeilen, um noch was abzubekommen. Und siehe da: ich bekam mit einer halben Schale Cornflakes gerade noch den letzten Rest! Toast war auch nur noch eine Halbe Packung da, aber da haette ich ja im Notfall auch noch meine eigenen: Notbrot hab ich jetzt immer bereit ;-) .
Also lud ich mir die Cornflakes in meine eigene Schale (das Kanga House hat glaube ich nur 1 oder 2) und schmiss 2 Toastscheiben in den Toaster. Nach 6 min dann die Enttaeuschung: ich hatte die kaputte Seite erwischt, die nur einseitig toastete... Also umdrehen und nochmal 6 min toasten -.-
Die Toasts dann noch zu beschmieren war auch nicht so einfach, wie gedacht: seit 2-3 Tagen gab es ploetzlich keine Messer mehr. Also wurde die Margarine heute mal mit einem dieser Gummischaber (zB um Teig aus der Schuessel zu bekommen) aufs Brot geschmiert und die Marmelade eben mit der Gabel aus dem Glas geholt - nachdem die rote leer war, musste ich leider auf bittere Orange umsteigen - baeh.
Gerade als ich fertig war, wurde zum Glueck ein Platz am Tisch frei, der fuer 8 Leute ausgelegt war, zumindest wenn man noch bequem sitzen wollte, und ich hatte sogar Blick auf den Fernseher, wo mal wieder irgendein [hier Kraftausdruck einsetzen] lief.
Als ich dann fertig war und alle bekannten Gesichter gegruesst waren, spuelte ich noch schnell mein Geschirr, was morgens sogar moeglich ist (spaeter dazu mehr). Nur leider gab es diesmal keine Geschirrtuecher, also musste diesmal mein Zeug dekorativ auf meinem Bett an der Luft trocknen (wuerde ich es in das Geschirrrost stellen, wuerde ich es wahrscheinlich nur mit Peilsender wiederfinden).
Dann noch schnell die Zaehne am zimmereigenen Waschbecken putzen, ein Luxus, den ich wirklich zu schaetzen weiss, denn das Gemeinschaftsbad ist extrem klein und das Waschbecken dort noch kleiner!
Soweit fertig fuer den Tag, ging ich dann erstmal nach draussen und genoss den frischen Morgen auf meinem taeglichen Gang zum Geldautomaten (ist das Geld von meinem deutschen Konto denn schon da? Nein... also noch ein Tag von 10-20 Dollar leben) und anschliessend zu Wicked Travel. Was genau das ist weiss ich nicht, mittlerweile glaube ich, es ist eine Art Reisebuero fuer Backpacker, wichtig ist jedenfalls: es gibt dort fuer Rucksackreisende freies Internet (gibts zwar auch im Hostel, aber da steht nur ein Rechner, der ueberraschenderweise immer besetzt ist). Im Gegenzug muss man nur sehr laute moderne Musik und eine optimistische Klimaanlage (pustet ca 3 Grad direkt in den Nacken) ueber sich ergehen lassen - aber da ich in Hobart 7 $ pro Stunde ertragen musste, ist das noch vertretbar ;-)
Also noch schnell die Standartseiten abarbeiten: Mails, Facebook, Studivz (ja das hab ich jetzt in mein Standartreportoire aufgenommen ;-) ) und natuerlich den Blog. Also schnell noch die eine oder andere Notitz geschrieben, mich ueber die eine oder andere Nachricht gefreut (nein, ich freue mich ueber JEDE Nachricht von euch :-) ) und dann gings auch schon weiter in den Coles direkt um die Ecke. Das ist ein riesiger Lebensmittelsupermarkt (wie Woolworths), der nahezu alle Produkte auch in Eigenproduktion anbietet, was dann deutlich billiger ist: teilweise zahlt man sogar nur die Haelfte.
Also schlurfte ich durch die Gaenge und liess mich inspirieren, was ich denn heute so kochen wuerde. Wieder Nudeln? Zum 30. mal in Folge? Wirklich? Aber bevor ich diesen inneren Dialog zu meinem Nachteil abschliessen konnte, kam ich auch schon an einem Gang vorbei, in dem es Eier gab. Mit dem Blick auf die Eier traf mich dann auch schon die Inspiration: heute gab es mal Pfannkuchen. Also suchte ich mir noch schnell die restlichen Zutaten zusammen: Mehl, Milch und Kaese (alles von der Hausmarke, ausser die Eier - das mussten Freilandeier sein). Dann gings durch den grossen, verwinkelten Laden zur Kasse, aber den Weg kannte ich ja mittlerweile ganz gut. Als ich das erste Mal im Coles unterwegs war, dauerte es tatsaechlich eine Weile, bis ich den Weg zurueck fand, ein Wunder, dass ich ueberhaupt meine Zutaten gefunden hatte.
Dann an der Kasse ein kurzer Schreck, als ich meine Rechnung sah (wenn ich mich richtig erinnere knapp 20$), aber was ich gekauft hatte, reichte ja auch fuer ein paar Mahlzeiten. Ich musste wirklich ein Auge auf das Geld haben, wer weiss, wie lang die Sparkasse fuer die Ueberweisung braucht, da hab ich leider schlechte Erfarungen...
Zurueck im Hostel verstaute ich dann die Lebensmittel im riesigen Kuehlschrank, wo ich mittlerweile zum Glueck meinen Stammplatz hatte. Damit keine Sachen geklaut werden, oder bei einer Kuehlschrankreinigung weggeschmissen werden, muessen alle Lebensmittel in Koerben oder Taschen gelagert werden, auf denen Raumnummer und Name draufstehn, die grossen Kuehlschraenke sind daher nicht sehr spektakulaer: man sieht da nur eine gruene oder blaue Tasche (von Coles oder Woolworths, diese Taschen sind hier ganz gross im Rennen) neben der anderen. Ich holte also meine gruene Tasche aus dem Kuehlschrank, legte die Sachen rein und stopfte sie in das nun entstandene Loch im Kuehlschrank zurueck - gar nicht so einfach, denn die Tasche war jetzt natuerlich viel groesser. Aber nachdem ich ein paar unguenstig gestapelte Taschen, Tueten und Bierdosen umgeraeumt hatte, passte es wieder.
Als ich in mein Zimmer kam, erwartete mich ein vertrautes Bild: Mark lag mit seinem Laptop im Bett und die beiden Stuttgarter pennten vor sich hin. Da das Wetter nicht so pralle war, es hatte angefangen zu regnen, machte ich mit, indem ich mich hinlegte und ein bisschen im Buch las, das ich im Zimmer gefunden hatte - ich glaube so ein langweiliges Buch vermisst keiner ;-)
Da man bei dem Wetter draussen nichts machen konnte, beschlossen Thomas, Andrej, 2 andere Jungs aus dem Hostel und ich ins Aquarium zu gehen. Also machten wir uns gegen Mittag auf den Weg - zu Fuss, weil meine Wochenkarte fuer Bus/Zug/Faehre abgelaufen war und ich mir leider noch keine neue kaufen konnte... War ja zum Glueck nur 20 min entfernt.
Das Aquarium war eine Sensation - fanden jedenfalls offenbar tausende von Leuten, die vor den Tueren Schlange standen. Als wir uns erkundigten, erfuhren wir, dass die Besucher vor der Tuer schon eine Stunde standen und drinnen war die Schlange dann noch mal mindestens genau so lang. Wir waren uns schnell einig, dass wir keine Stunde im Regen stehen wollten, also gings dann wieder zurueck. Ich lief noch etwas durch die Innenstadt, wo ich ja schonmal da war, und erkundete das Queen Victoria Building, von aussen antik, aber innen ein grosses Einkaufszentrum. Von einem Tip geleitet, den ich im Internet gelesen hatte, lief ich im Gebaeude ein wenig herum, bis ich sie fand: Lueneburger, die Deutsche Baeckerei. Ich kaufte mir einen halben Laib Brot und ging den Umstaenden entsprechend gluecklich ins Hostel zurueck.
Dort angekommen, fing ich dann direkt an, die Pfannkuchen zuzubereiten, so langsam bekam ich naemlich echt Hunger. Ich bereitete also wie gewohnt alles zu. Als dann aber der erste Pfannkuchen in der Pfanne war, fiel mir auf, dass es wohl nicht so einfach werden wuerde, die Pfanne hatte naemlich keine Schutzbeschichtung (mehr), also fing schon der Teig ziemlich zu kleben an. Da ich auch keinen vernuenftigen Pfannenwender hatte, (der Kaesehobel war leider schon an einer anderen Pfanne in Benutzung, also musste ich mit dem flachen Holzloeffel vorlieb nehmen) war der Pfannkuchen dann ziemlich schnell ein zerfetzter Klumpen, der auch nur von einer Seite angebraten war (Kaese nach unten traute ich mich nicht). Es war essbar, aber lecker geht anders. Ok fuer den naechsten ueberlegte ich mir dann was anderes: erst briet ich die eine Seite, drehte ihn um (klappte diesmal sogar halbwegs) und als die 2. Seite briet, legte ich den Kaese oben zum Schmelzen drauf. Der Teig schmeckte jetzt schon besser, aber der Kaese wurde so natuerlich nicht kross, also auch eher ein Flop. einen 3. machte ich mir dann noch und da das mein letzter war, dachte ich mir: alles oder nichts, und probierte es mit dem Kaese nach unten. Wie erwartet schloss der Kaese Freundschaft mit der Pfanne und die beiden wollten sich nicht mehr loslassen. Immerhin schmeckte dieser Klumpen besser als der erste, also immerhin ein kleiner Erfolg.
Da ich mir viel zu viel Teig gemacht hatte, goss ich den Rest kurzerhand in eine ausgespuelte Flasche, in der vorher Pastasosse drin war. Tupperware fuer Arme, wenn man so will ;-).
Den Nachmittag verbrachte ich dann damit, noch was zu lesen oder fernzusehen. Irgendwann machte ich mir auch den Rest der Pfannkuchen (war noch Teig fuer 5) und diesmal ohne Kaese, sondern mit Nutella und Marmelade, das ging schon viel besser und war ein regelrechter Gaumenschmauss; diesmal hatte ich aber auch eine beschichtete Pfanne, wenn auch mit einem Griff, der fast abfiel.
Nach diesem Imbiss ging ich nochmal zum Automaten und siehe da: die Zahl hatte sich auf das ca tausendfache vergroessert, und diesmal ist das keine Uebertreibung :D (An der Stelle nochmal Danke nach Hause ;-) )
Derart motiviert ging ich wieder ins Hostel und ass mein Oberlaenderbrot (oder zumindest ein aehnliches) mit Wurst. Ich haette nicht gedacht, dass normales Brot so gut schmecken konnte!
Nach dem Essen hiess es dann wieder spuelen, was wieder ein halbes Abenteuer wurde. Erstmal musste ich mir ein Becken leerraeumen (waren beide bis oben hin kuenstlerisch mit Geschirr zugebaut) und dann auch noch einen Lappen finden. Als ich dann mein Zeug spuelte und erstmal auf das Rost zum abtropfen stellte, kam auch schon irgendwer und wollte sich meinen Teller nehmen (wahrscheinlich weil das der einzige gespuelte Teller war), also trocknete ich alles schnell ab, und brachte es in mein Zimmer.
Dann ging ich runter zum Harbour City Backpackers, wo ich mit Thomas noch in eine einheimische Kneipe ging (wo mal kein Deutsch geprochen wurde - ich bin jetzt schon einen Monat hier und habe mehr Deutsch als Englisch gehoert...), und konnte in Form von Bier auch direkt noch meine Schulden bei ihm bezahlen ;-)
Als es dann etwas spaeter wurde, ging es dann wieder mal zurueck ins Hostel, wo ich dann nach 2 min schon schweissueberstroemt (ich hab das Gefuehl, irgendwer hat in unserem Zimmer mal seine Tropenluft aus dem Norden liegen gelassen) ins Bett fiel. Decken haben wir keine bekommen, also genoss ich meinen Thermoschlafsack, der Sturzbaeche erzaeugte, ueberall, wo er meine Haut beruehrte. Dennoch schlief ich recht schnell ein und als ich am naechsten Morgen verschwitzt unter meinem Schlafsack aufwachte, aus dem Fenster schaute und den Aussichtsturm vor ein paar wenigen Wolken sah, wusste ich: das wird wieder ein ganz normaler Tag.

3 Kommentare:

  1. Hej,
    das ist ja eine druckreife Story, die Du da eingestellt hast. Ich habe beim Lesen laut gelacht. Hoffentlich hat Nadin, die im Moment auch hier im Wohnzimmer sitzt, nicht gedacht: Der Typ hat sie ja wohl nicht mehr alle... Sitzt vorm PC und lacht. Es gibt ja 157000 Seiten, die lustig sein wollen und hier und da auch ein Lächeln im Gesicht hervorlocken, aber nicht gerade zum "lauthalsen" Lachen animieren.
    Aber Dein Text ließ in mir irgendwie einen Film ablaufen, so dass ich mir das, was Du geschrieben hast, direkt lebhaft vorstellen konnte. Die üblichen Katastrofen des Alltags, von Hollywood nicht zu toppen...
    Ich habe mich jedenfalls gefreut, dass Du jetzt, nachdem Du wieder "solvent" bist, nicht zwecks Überleben auf dumme Gedanken kommen musst und möglicherweise von den kleinen Katastrofen des Alltags auf große Katastrofen umschalten musst, nur um was zu beißen zu haben.
    Apropos "was zu beißen zu haben": Nach der Wertschätzung von Pfannekuchen, die in Deinem Bericht ziemlich deutlich durchsickerte, den grausamen Erfahrungen mit dem Equipment der Hostelküche und den z.T. daraus resultierenden frustrierenden Ergebnissen auf Deinem Teller kommen mir schon gute Ideen bzgl. künftiger Geburtstagsgeschenke.
    Was mich in diesem Zusammenhang natürlich sehr faszinierte ist Dein offensichtliches Geschick, auch ohne Käsehobel einen Pfannekuchen zu wenden.
    Also ich kann, wenn es hoch kommt, höchstens ohne Kneifzange so'n Ding bewältigen, vorausgesetzt es gibt einen Pfannenheber.
    Was die 3 Grad der Klimaanlage angeht, vor der Du tapfer Deine Zeilen in die Tastatur des PC hast fließen lassen: Wir haben im Moment so um die 0 Grad und es hat angefangen zu schneien. Einen kleinen Vorgeschmack davon gab es schon heute Nacht bei der Sylvesterknallerei. Aber die hast Du ja schon geraume Zeit hinter Dir. Diese Zeitverschiebung ist manchmal schon komisch: Man sitzt vorm PC und liest um 14.03 Uhr einen Text, der um 14.51 Uhr eingestellt wurde...
    O.K., ich wünsche Dir jedenfalls viel Spaß bei Deinen nächsten Unternehmungen und vor allem viel Erfolg bei der Jobsuche und hoffe, dass Du hier und da auch mal mit Leuten zu tun hast, die Englisch sprechen, so dass Du Deine beiden Wörterbücher nicht umsonst um die halbe Welt transportiert hast.

    Bess demnähx, Guntram

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  2. Hallo Niklas,

    hat ja endlich mit dem Kommentar funktioniert. Nur mit dem Erstellen des Profils hatte ich meine geregelten Schwierigkeiten. Da ich im Moment keine Zeit habe, zu überprüfen, warum da was nicht geklappt hat, habe ich Dir die Message einfach als "Anonymus" geschickt - gute alte Schriftstellertradition - aber mein Name steht ja drunter.
    So long, Guntram

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  3. Ach ja, das gute alte Kanga House... Hab im Coles immer ganz viele Äpfel gekauft. Hab nämlich morgens immer Müsli gegessen (da gab's noch Schüsseln...!?). In der Parallelstraße von der Victoria Street gibts übrigens mehrere Internetcafés, wo man (damals zumindest) für 2 Dollar Flatrate hat. Die ham auch Kaffee und Chips, kann man also wirklich ne Weile da aushalten :-)

    Hab übrigens meine Autokarte wiedergefunden (Mama hat mich gezwungen, die empore in Boris Zimmer von meinen Relikten zu befreien...). Sie heißt "Australia Handy Atlas" von HEMA Maps. ISBN Nr.: 1 86500 255 0. Lohnt sich wirklich. War auch gar nicht so teuer, wenn ich mich recht erinnere...

    Arbeitet Rosa eigentlich noch am Empfang?

    Bis denne und liebe Grüße...

    Deborah

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