Sonntag, 7. Februar 2010

Jetzt kommt nochmal was

Nach einer kurzen kreativen Pause gehts weiter in meinem Blog ;-)
Inzwischen ist mal wieder so einiges passiert und ich bin mehr oder weniger freiwillig etwas in Australien rumgekommen. Aber von vorne:
Wie gesagt haben Fabian und ich kurz nach Silvester den Greyhound Bus nach Mildura gebucht, um uns die Zeit mit ein wenig Fruitpicking zu vertreiben. Am 5. Januar gings dann also morgens ab zum Hauptbahnhof, wo wir vom Bus aufgelesen werden sollten. Puenktlich zur angegebenen Zeit kam dann auch ein grosser roter Reisebus vorgefahren und sammelte alle Leute auf, die Richtung Canberra wollten; "Warum zur Hoelle sollte man nach Canberra wollen?", oder zumindest mit aehnlichen Worten begruesste uns der Busfahrer. Da freuten wir uns doch schon gleich viel mehr auf unseren 5-stuendigen Stop in der Hauptstadt Australiens ;-). Als dann alle Koffer, Taschen und Rucksaecke verstaut waren, ging es puenktlich los in Richtung Mildura.
Die Fahrt selber wurde recht schnell langweilig: anfangs kann man zwar schoen beobachten, wie sich die Landschaft aendert, aber irgendwann hoerte das auf und man sah stundenlang nur noch die selben staubigen Strassen und trockenen Waelder. Naja irgendwann kamen wir dann aber in Canberra an und auf den ersten Blick sah die Stadt wirklich so langweilig aus, wie alle immer behauptet hatten. Aber wir beschlossen der Stadt eine Chance zu geben, wir hatten ja eh genug Zeit, uns einmal umzusehen. Am Schalter in der Busstation dann aber die erste Ernuechterung: Da es der Regierungssitz von Australien war, herrschte ein gesundes Mass an Paranoia, was fuer uns bedeutete, dass wir die Rucksaecke nirgendwo stehen lassen durften - Backpacker sind halt dafuer beruechtigt, grosse Bomben mit sich zu fuehren und in Staedten wie Canberra zu zuenden...
Also gingen wir dann im Schildkroeten-Look (ein grosser Rucksack hinten und ein kleinerer vorne) wieder nach draussen und begannen einen Stadtrundlauf mit 15-20 Kilo Gepaeck auf den Schultern. Als wir in der Innenstadt ankamen staunten wir nicht schlecht: es waren kaum Leute unterwegs, viele Geschaefte waren zu und wir konnten nichtmal einen McDonalds finden (ich rede immernoch von der Hauptstadt eines Landes, das fast so gross ist, wie Europa). Irgendwann fanden wir ein Einkaufszentrum, wo wir einen teuren Kebap bestellten und noch etwas relaxten. Weil wir nichts zu tun hatten, gingen wir noch in den halb vertrockneten Stadtpark und sassen dort eine Weile rum. Als wir fertig waren, ging es wieder zurueck zur Busstation, wo wir nochmal etwas warteten, bis irgendwann gegen Abend der naechste Greyhound kam, um uns abzuholen. Alles in allem bin ich froh, mal die Hauptstadt von Australien gesehen zu haben, aber eine Stunde Stop haetten da vollkommen gereicht ;-)

Also weiter im Text: es folgte eine 2. eher ereignislose Fahrt, und auch die Umgebung wurde immer trockener und trostloser. Irgendwann frueh am naechsten Morgen hielten wir dann mal an einer Tankstelle an, wo wir Pause machten. Draussen packte ich dann meinen Toast aus und begann, zitternd vor Kaelte meinen Kampf mit den Fliegen um mein Essen. Nach dieser kurzen Pause ging es dann weiter und ein paar Zwischenstopps spaeter standen wir dann auch schon vor dem Informationscenter von Mildura. Begruesst wurden wir von einem endlos blauen Himmel, ein paar Palmen und vertrockneten Rasenflaechen, da, wo die Rasensprenger nicht funktionierten. Zur ersten Orientierung gings dann erstmal in die Info, wo wir uns eine Karte geben liessen, auf der die Hostels eingezeichnet waren. Die Orientierung fiel nicht allzuschwer, denn die Stadt ist in Schachbrettmustern aufgebaut. Dabei sind die Querstrassen durchnummeriert und die Laengsstrassen nach Fruechten benannt: das Hostel in dem wir spaeter einzogen war zB in der Lemon Ave, in der Naehe der 8th St.
Mit dem Hostel hatten wir uebrigens echt Glueck, denn es war mit 20$ pro Nacht noch relativ billig und die Raeume waren sauber, es gab eine funktionierende Klimaanlage (die manchmal allerdings versuchte, Winterstimmung aufkommen zu lassen, aber es gab ja dicke Wolldecken ;-) ) und der Manager war, zumindest aus meiner Perspektive, sehr umgaenglich.
Erstmal war aber an der Rezeption ueberhaupt niemand. Zu unserem Glueck war aber gerade der etwas verrueckt aussehende Cleaner da, der direkt Wally, den Manager anrief und uns einen Raum aufschloss, in dem wir unser Gepaeck lagern konnten, bis wir einchecken konnten. In der Zwischenzeit hatten wir schonmal die Gelegenheit uns mit ein paar Bewohnern zu unterhalten, die auch gleich sehr sympatisch wirkten. Als wir dann aber erzaehlten, dass wir vorhatten, uns selbst um Jobs zu kuemmern (es ist ja eigentlich alles besser bezahlt, oder zumindest angenehmer als Fruitpicking), wurden wir sehr schraeg angesehen, als haetten wir gerade erzaehlt, dass nackt auf dem Skateboard durch die Innenstadt zu fahren das groesste sei.
Dazu muss ich kurz erwaehnen, dass das Hostel ein sogenanntes Workinghostel ist. Sprich: der Manager bekommt staendig Angebote von Arbeitgebern (Farmern), die er dann unter den Einwohnern in seinem Hostel aufteilt. Das klingt erstmal ganz gut, aber meistens muss man recht lange warten, um etwas zu bekommen, und wenn man dann ein Angebot bekommt, ist der erste Arbeitstag "zufaellig" am Sonntag, einen Tag nachdem man wieder die Miete fuer eine Woche verlaengern muss. Und da wir nicht vorhatten, in Mildura stecken zu bleiben (die Jobs werde haeufig so verteilt, dass das Geld gerade fuer Miete und Essen reicht), nahmen wir das eben selbst in die Hand.
Nach dem Check-In zogen wir also los, um uns nach moeglichen Jobs in Mildura umzuschauen. Wir waren ein paar Stunden unterwegs und liefen bei etwa 40 Grad geschaetzte 20 km (mit Googlemaps ueberschlagen) und hatten bereits ein paar Moeglichkeiten fuer Bewerbungen ausgemacht. Begleitet wurden wir von Andrejs (Fabian hatte ihn in Sydney kennen gelernt und Andrej hatte kurzerhand entschlossen, nach Mildura nachzureisen) staendigen Anrufen, ob wir denn schon einen Job haetten und was wir als naechstes vor hatten.
Am naechsten Tag bekamen wir dann endlich Gesellschaft in unserem Zimmer: Willem, der Hollaender mit den goldenen Locken und dem (fast) nie endenden Enthusiasmus, ausserdem noch eine Englaenderin, aber die bekamen wir kaum zu Gesicht, denn eigentlich schlief sie nur in fremden Betten.

2 Tage spaeter kam Anrej dann ebenfalls mit dem Greyhound an und brachte noch einen Schotten mit, der sich als Buddy (so verstanden wir ihn jedenfalls) vorstellte. "Buddy" machte einen etwas gruseligen Eindruck mit seinem knallroten Gesicht, den schlaefrigen Augen und dem Geruch von Schweiss und Alkohol. Dazu machte er auch keinen besonders freundlichen Eindruck, im Gegensatz zu Andrej, der zwar orientierungslos war, aber gleich sehr offen und sympatisch wirkte.
Als die beiden dann erstmal unter der Dusche waren, wurde "Buddy" gleich von Fabian "Body Odor" getauft. Spaeter gingen wir (Andrej, Body Odor, Willem, Fabian und Ich) dann zum Harvest Centre, eine Art Arbeitsamt, wo wir die ausgefuellten Formulare abgaben, die wir an unserem ersten Tag bekommen hatten. Fuer Will, Fabian und mich gab es dann auch gleich einen Job! Wir sollten auf einer Farm Weintrauben pfluecken. So schnell kanns gehen. Andrej und Body Odor bekamen noch keinen Job; Andrej, weil er seinen Ausweis nicht dabei hatte und Body Odor... wir wissen es nicht genau, vielleicht lag es einfach an seinem unfreundlichen Auftreten.
3 Tage spaeter, am Montag, ging es dann um 5:45 Morgens los zur Arbeit. Wally sammelte alle aus dem Hostel auf, die zu den Farmen in der Umgebung mussten, fuer diesen Service mussten wir allerdings immer 7$ pro Fahrt bezahlen, nicht gerade billig.

Bei Vince's Farm wurden wir 3 dann rausgelassen, wo wir auch von Vince, dem Farmer in Empfang genommen wurden. Er uebergab uns unsere Arbeitsscheren und zeigte uns, wie wir die Trauben ernten sollten. Dann bekamen wir je zu 2. eine Reihe und fingen an die 10 Kilo Boxen zu fuellen. Pro Box bekamen wir 1,60$. Das fanden wir erstmal ok, denn wir dachten die Boxen wuerden sich recht schnell fuellen. Fehlanzeige. An unserem ersten Tag hatten Fabian und ich nichtmal zusammen mehr als 30 Boxen, was verschiedene Gruende hatte: zum einen war es unser erster Tag undwir waren noch entsprechend langsam. Ausserdem war es gerade an dem Tag 52 Grad in der Sonne, was uns langsamer machte und Vince veranlasste, uns nach 4 Stunden wieder nach Hause zu schicken.


Zu guter Letzt hatte Vince einen Hund (wir tauften ihn Andrej ;-) ), dessen Job es war, uns zu animieren, ihm sein Stoeckchen zu werfen. Dabei stellte er sich echt geschickt an: wenn wir nicht reagierten, legte er die Stoecke immer in die Boxen rein, sodass wir es wegwerfen mussten.

Die naechsten Tage liefen dann nicht viel besser, ausser, dass wir an einem Tag mal das PS starke Quad vom Farmer ausprobieren durften. Selbst wenn ich nur 100$ in 4 Tagen Arbeit verdient hatte, fuer das Quadfahren hatte sich das schon wieder gelohnt ;-)




Andrej (der Mensch-Andrej) hatte da aber etwas mehr Glueck: Als wir mal abends mit dem Einkaufswagen durch Mildura fuhren, wurden wir von der Dorfjugend angesprochen. Es dauerte nicht lang, da kaufte sich Andrej von dem einen Gras und als wir schon fast weiter gehen wollten, wurde er von einem anderen angesprochen, ob er bei seinem Vater nicht auf der Farm helfen wollte, die braeuchten da noch jemanden. Wie sagt man doch so schoen: "Das Glueck ist mit die Doofen" ;-)


Nachdem wir bei Vince aufgehoert hatten, waren wir erstmal wieder eine Woche Arbeitslos. In der Zwischenzeit wurde die Englaenderin mit ein paar anderen aus dem Hostel von der Polizei aus dem Hostel geschmissen, weil sie bis morgens im Hostel Party gemacht hatten und dann auf die Idee kamen, den ganzen Flur zu fluten. Als Wally sie dann aus dem Hostel werfen wollteeskalierte die Lage und Wally musste die Polizei rufen.
Die Englaenderin wurde dann kurz darauf von einem umgaenglicheren Italiener ersetzt und in das letzte leere Bett ueber Fabian zog ein Chinese ein (Danny-O, wenn wir ihn richtig verstanden hatten, aber er sprach immer so undeutlich). Danny-O war uns sofort sehr suspekt. Er war extrem nervoes und befingerte immer alles und das selbst im Schlaf: er waelzte sich immer herum, mehrmals in der Minute und tippte andauernd mit den Fingernaegeln gegen das Metallgestell vom Bett. Wenn er dann richtig eingeschlafen war fing er auch noch an pausenlos zu reden, in welcher Sprache wissen wir bis heute nicht.
Ausserdem hatte er grosse Brandwunden an den Armen und er sagte nur so viel dazu, dass er sich die selber mit einem heissen Messer zugefuegt hatte, weil das sein "personal Style" sei.
Nach 2 schlaflosen Naechten fuer Fabian gab ich mein Einzelbett auf und tauschte mit Danny-O, sodass er in dem Einzelbett wenigstens niemanden mit seinen naechtlichen "Turnuebungen" wachhalten konnte.

Nach ein paar Tagen gewoehnten wir uns aber ein wenig an ihn (oder wir waren bereits zu lange der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt, sodass uns einfach alles egal war). Es gab nur noch einen Zwischenfall, als wir in unser Zimmer kamen und Danny-O ploetzlich in meinen Shorts da sass. Als ich ihn fragte warum er meine Hose anhaette, sagte er nur, die waere ploetzlich in seiner Tasche gewesen, also haette er gedacht, er koennte die anziehen. Wir waren erst etwas aufgebracht, weil wir keinen Kleptomanen im Zimmer haben wollten, aber eine halbe Woche spaeter war Danny-O eh wieder auf dem Weg zurueck nach Melbourne zu seinem Psychotherapeuten (und nichts fehlte).
Aber es gab noch mehr ungewoehnlich Leute im Hostel: Der Cleaner zum Beispiel. Man konnte ihm den Schaden schon etwas ansehen: immer zerzauste Haare, spindelduerr, eine seltsame Brille und ein Hemd, das am Ruecken einen riesigen Riss hatte.

An sich hatten wir mit ihm erst gar keine Probleme, bis er dann irgendwann einmal Bierdosen in unserem Zimmer fand, Alkohol ist auf den Zimmern naemlich eigentlich verboten. Das meiste davon hatten wir nichtmal im Zimmer getrunken, aber er sah das als Anlass, total auszuflippen, und uns regelmaessig aufzulauern und uns anzuschreien: "Did you drink the beer in the room!?". Wenn wir uns mit einer Erklaerung versuchten, dass wir es draussen getrunken hatten, ernteten wir nur ein "Bullshit!!". Und das ganze manchmal mehrmals am Tag. Wally machte dem Ganzen dann irgendwann ein Ende, indem er dem Cleaner sagte, dass wir das Bier nicht im Raum getrunken haetten, da war endlich Ruhe.

Nachdem wir uns dann eine Woche mit Danny-Os, Cleanern und anderen schraegen Voegeln rumgeschlagen hatten, gab es endlich wieder Arbeit fuer uns: wir sollten fuer Dean den Wein mit Schutzfolie gegen die Sonne ueberdecken. Das war schon eine Bessere Arbeit fuer uns, denn mit 1,90m (Fabian ist sogar 1,96) ist es angenehmer ueber dem Wein zu arbeiten und gerade stehen zu koennen, als den ganzen Tag unter den Weinstoecken durchkriechen zu muessen. Leider mussten wir bald feststellen, dass Dean wohl besser in einer Kaserne aufgehobe waere: bei mehr als 45 Grad sah er es nicht gerne, wenn wir Pause machten, schrie uns immer wieder an, schneller zu arbeiten, und als irgendwann kein Wasser mehr hatte, gab er mir von seinem Wasser etwas und sagte mir, je schneller ich arbeiten wuerde, desto schneller koennte ich auch nach Hause, um was zu trinken. Es war aber im Prinzip nur der erste Tag so schlimm, die naechsten beiden Tage hatte ich genug Wasser dabei und auch Dean hatte sich wohl etwas beruhigt. Insgesamt hatte ich 3 Tage bei ihm gearbeitet, fuer sie ersten 2 bekam ich 120$, was ok war, da wir am ersten Tag nicht so lang gearbeitet hatten, und fuer den 3. bekam ich 17$. Sagen konnte ich dagegen nichts mehr, weil ich, als das Geld kam schon gar nicht mehr in Mildura war.




Fortsetzung folgt

3 Kommentare:

  1. Cool mal wieder was von Dir zu hören! Hab schon sehnsüchtig auf Deine Blogeinträge gewartet :)

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  2. Wurde aber auch langsam mal Zeit! Hab mich hier echt schon zu Tode gelangweilt ;D
    Klingt aber alles echt cool, wobei mir das ehrlich gesagt glaub ich n bisken zu chaotisch wär mit komisch Chinesen und so... Naja ich hoffe, du schaffst noch die meisten Sachen, die du dir vorgenommen hast ;)
    PS: Musstest du diese blöde Spinne mit draufpacken?

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  3. Ja jetzt hab ich endlich mal wieder kostenloses internet ;)
    Und @ boris: warte auf die fortsetzung bevor du mildura chaotisch nennst :P
    Ps: ja die spinne gehört da hin. Die saß nämlich genau da, wo ich eigentlich komplett mit den armen blind ins gestrüpp greifen musste, da macht die arbeit doch gleich viel mehr spaß^^

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